KNX-Verkabelung oder Funksystem fürs Smart Home?

KNX-Verkabelung oder Funksystem fürs Smart Home?

Bei der Planung eines smarten Zuhauses, müssen Sie sich zuerst die Frage stellen, welche Funktionen Sie benötigen und auf welches Smart Home System Sie setzen möchten.

Damit sich Heizung, Rollläden und Lichter automatisch steuern lassen, ist es notwendig, dass die Geräte über eine zentrale Steuereinheit miteinander vernetzt sind. Der Datenaustausch kann technisch auf unterschiedliche Arten realisiert werden: Kabellos per Funk oder durch eine intelligente Verkabelung im Gebäude.

Dieser Artikel zeigt die Vor- und Nachteile des kabelgebundenen KNX-Standards im Vergleich zu Funk-Lösungen wie Zigbee oder EnOcean.

Neu oder Bestandsbau - Wo soll das Smart Home System installiert werden?

Entscheidend ist vor allem die Frage, in welcher Immobilie Sie das Smart Home System installieren möchten.

Voraussetzung für die intelligente Vernetzung mit KNX ist die Verlegung des grünen Bus-Kabels im Gebäude. Dieses wird in der Regel zusammen mit der Stromversorgung verlegt. Da für die Verlegung der Kabel im Bestandsbau die Wände geöffnet werden müssen, eignet sich diese Variante nur für Neubauten oder wenn umfassende Renovierungsmaßnahmen anstehen.

Die Ausnahme: Ein Leerrohrsystem wurde vorab installiert, durch welches die Kabel nachträglich gezogen werden können.

Funksysteme können Sie hingegen auch im Bestandsbau oder in Mietimmobilien unkompliziert installieren. Funk-Komponenten lassen sich meist ohne Bohren befestigen: Smarte Heizungsthermostate können etwa direkt an den Heizungen angebracht werden, intelligente Glühbirnen werden direkt in die Lampen geschraubt.

So einfach wie sie installiert werden, können sie auch wieder abgebaut und z. B. bei einem Umzug einfach mitgenommen werden.

Vor- und Nachteile von Funk-Lösungen

Funkstandards für die Hausautomation müssen Daten schnell, sicher und mit geringem Energieverbrauch übermitteln. Weil WLAN vergleichsweise viel Energie benötigt, wurden andere Funkprotokolle wie ZigBee, Z-Wave oder EnOcean als Alternative entwickelt.

Hersteller wie Phillips Hue (intelligente Beleuchtung), Somfy (Rollladensteuerung), Tado (Heizungsthermostate) oder Gosund (smarte Steckdosen) nutzen diese offen zugänglichen Funkprotokolle für ihre smarten Geräte. Die Steuerung erfolgt dabei meist über das Smartphone und die Herstellereigene App.

Neben solchen offenen Funkprotokollen gibt es auch solche, die von einzelnen Unternehmen entwickelt wurden wie etwa Homematic IP.

Vorteile von Funklösungen

Die Einrichtung solcher Funklösungen können Sie meist unkompliziert selbst vornehmen. Weitreichende Veränderungen im Gebäude entfallen, da sich die Komponenten leicht nachträglich installieren lassen. Bei Bedarf können Sie weitere Geräte ergänzen oder Komponenten wieder deinstallieren.

Besonders wenn nur einzelne Bereiche wie die Beleuchtung oder das Raumklima smart werden sollen, bieten sich Funklösungen an. Es gibt eine große Vielfalt an Herstellern und Produkten, sodass Sie auch viele kostengünstige Lösungen finden.

  • Einfache Einrichtung
  • Unkomplizierte nachträgliche Installation
  • Geringe Anschaffungskosten
  • Praktisch für Mietwohnung, da das System beim Umzug mitgenommen werden kann
  • Viele Hersteller und Produkte

Nachteile von Funklösungen

Die große Anzahl verschiedener Funk-Lösungen führt jedoch auch dazu, dass diese untereinander nur bedingt kompatibel sind. Außerdem erfolgt die Steuerung meist über die herstellereigene Smartphone-App. Wenn Sie keinen Anbieter wählen, der verschiedene Bereiche im Gebäude "smart macht", müssen Sie entweder auf Ihrem Smartphone diverse Apps zur Steuerung installieren oder einen Hub einrichten, der alle Geräte vereint zum Beispiel Amazon Alexa oder Apple Homekit.

Eine Lösung könnte der geplante Funkstandard matter darstellen, an dem eine gemeinsame Initiative von Amazon, Apple, Comcast, Google, SmartThings und der ehemaligen Zigbee Allianz arbeitet. Dieser befindet sich aktuell noch im Entwicklungsstadium (https://matter-smarthome.de/).

Je nach Übertragungsstandard, variiert auch die Reichweite der Funksignale. Funkwellen – egal ob WLAN, Bluetooth, ZigBee oder EnOcean – werden je nach Wellenlänge von Wänden und Decken gedämpft. Je nach baulicher Umgebung und Sendeleistung spricht man bei ZigBee von 10 bis 20 Metern Reichweite, bei EnOcean von 30 Metern. Unter Idealbedingungen ist auch eine weitere Funkübertragung möglich. Dennoch sollten Sie dies bei der Planung berücksichtigen.

Auch kann die Datenübertragung beeinflusst werden, wenn verstärkt dieselbe Funkfrequenz genutzt wird. ZigBee nutzt zum Beispiel wie auch WLAN und Bluetooth die Frequenz 2,4 GHz, auch der geplante matter Standard wird diese Frequenz nutzen.

Viele per Funk angebundene Geräte werden zudem mit Batterien betrieben, wenn sie nicht so wie z. B. smarte Glühbirnen direkt mit Strom versorgt werden. Die Batterien müssen regelmäßig ausgetauscht werden. Wird dies einmal vergessen, ist es schnell vorbei mit dem smarten Zuhause.

  • Begrenzte Reichweite der Funksignale je nach baulicher Situation
  • Störanfällige Datenübertragung bei vielen Geräten auf gleicher Frequenz
  • Periodischer Austausch der Batterien einzelner Geräte
  • Nur bedingte Kompatibilität untereinander
  • ggf. viele herstellereigene Apps auf dem Smartphone oder Tablet

Vor- und Nachteile des kabelgebundenen KNX-Systems

Das bekannteste kabelgebundene Smart Home System ist KNX. KNX ist ein weit verbreiteter Standard, der von vielen Herstellern unterstützt wird und der bereits seit über 30 Jahren auf dem Markt ist.

Neben KNX gibt es auch Herstellereigene Systeme, die über Kabel vernetzen, wie z.B. Loxone oder Busch-free@home.

Vorteile von KNX-Verkabelung

KNX bietet eine sehr große Vielzahl an verfügbaren Produkten unterschiedlicher Hersteller und aufgrund des weltweiten Standards auch eine hohe Kompatibilität. Dadurch ist man nicht von einem einzigen Anbieter abhängig. Sollte ein einzelner Hersteller einmal bankrottgehen, lässt sich auch in 20 Jahren noch ein Ersatzgerät eines anderen Herstellers finden.

Durch dieses vielfältige Angebot können Sie Ihr Smart Home System stark individuell gestalten und umfangreich automatisieren, ohne auf einen Hersteller und dessen Weiterentwicklung angewiesen zu sein.

Im Vergleich zu Funklösungen garantieren die verlegten Datenkabel eine reibungsfreie Übertragung und hohe Ausfallsicherheit, sowie hohe Reichweite durch die Verlegung der Leitungen im ganzen Haus.

Der KNX-Standard wird auch viel im gewerblichen Bau eingesetzt, dementsprechend ist die Lebensdauer der Produkte hoch. Zudem hat sich der Standard seit über 30 Jahren auf den Markt etabliert und steigert nachweislich den Wert einer Immobilie.

  • Störungsfreie Datenübertragung via Kabel und hohe Ausfallsicherheit
  • Hohe Reichweite durch die Verlegung von Leitungen im ganzen Haus
  • Viele kompatible Produkte verschiedener Hersteller
  • Große Funktionsbandbreite
  • Lange Produktlebensdauer
  • Bleibende Wertsteigerung der Immobilie

Nachteile von KNX-Verkabelung

Für ein umfassendes KNX-System benötigen Sie eine detaillierte Planung im Vorfeld, da das System nur mit baulichen Maßnahmen installierbar ist. Die nachträgliche Installation weiterer Leitungen ist meist mit einem recht hohen Aufwand verbunden.

Die Verlegung der Leitungen und die Einrichtung des Systems muss von einem Systemintegrator oder Elektriker vorgenommen werden. Diese können Sie auch bei der Planung beraten.

Auch spätere Anpassungen oder Erweiterungen des Systems, müssen meist durch den betreuenden Systemintegrator oder Elektriker vorgenommen werden. Dementsprechend sind die Anschaffungskosten deutlich höher als bei einer selbst installierten Funklösung.

  • Detaillierte Planung im Vorfeld notwendig
  • Bauliche Maßnahmen zur Installation nötig
  • Verlegung der Leitungen und Einrichtung des Systems muss vom Elektriker oder Systemintegrator durchgeführt werden, ebenso wie spätere Anpassungen
  • Hoher Aufwand für nachträgliche Erweiterung, wenn bei der Planung nicht genügend KNX-Kabel oder Leerrohre verlegt wurden
  • Hohe Investitionskosten

Funk oder Kabel – Was bietet mehr Sicherheit?

Kabelgebundene Systeme haben den Vorteil, dass Hacker sich nur in das System einklinken können, wenn sie an die Kabel gelangen. Daher sollten Geräte im Außenbereich besonders abgesichert werden. Anton Siwuchin erklärt dies in seinem Video sehr anschaulich: Video von Siwuplan.

Auch die KNX Association gibt in ihrem Leitfaden Ratschläge, wie ein KNX-System sicher installiert wird: https://www.knx.org/knx-de/fuer-fachleute/knx-vorteile/knx-secure/. Zudem können Sie mit KNX Secure auch auf eine verschlüsselte Übertragung der Daten setzen, wenn die eingebundenen Geräte dies unterstützen.

Funkbasierte Systeme setzen fast ausschließlich auf eine Verschlüsselung, da die Daten sonst sehr einfach mitzulesen wären, sobald man sich in Reichweite (Nähe des Hauses) befindet. Durch diese Verschlüsselung sind funkbasierte Systeme zwar ähnlich sicher vor dem Mitlesen der Daten wie Kabelgebunde, können aber durch Störsender an der Datenübertragung gehindert werden.

Es empfiehlt sich bei der Einrichtung beider Systeme einen Experten hinzuzuziehen. Insbesondere wenn die Steuerung über das Smartphone geschieht, ist es wichtig, Ihr WLAN effektiv zu schützen und sichere Passwörter für den Fernzugriff über das Internet zu verwenden.

Fazit: Kabelgebundenes KNX-System mit Funk-Lösungen erweitern

Ein kabelgebundenes KNX-System bietet vor allem bei Neubauten viele Vorteile, mit denen Funklösungen nur bedingt mithalten können.

Der vermeintliche Nachteil, dass Kabel nur wenig Flexibilität bieten, kann durch eine sinnvolle Leerrohrplanung aufgewogen werden. Außerdem ist es möglich, ein KNX-System durch Funk-Lösungen zu ergänzen. KNX bietet dafür selbst den KNX RF Funkstandard als Möglichkeit zur Erweiterung an.

In Mietwohnungen sind Funk-Lösungen definitiv eine gute Möglichkeit, um Ihre Wohnung etwas smarter zu gestalten. Ob Sie im Bestandsbau den Aufwand der Kabelverlegung auf sich nehmen möchten, gilt es individuell zu entscheiden.

Mehr zum Thema im Blogbeitrag:
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